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Predigt über Offenbarung 3,7-13

am 09.12.2001
2. Advent

Ort: Staufen und Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

(In Staufen andere Einleitung; Bezug zum Anspiel des Kindermusicals)

Die Bibel hat es in sich, für mich ist sie ein Buch wie kein anderes und ich entdecke immer wieder neues oder altes erschließt sich mir bei erneutem Lesen, in einer anderen Lebenssituation ganz anders. Allerdings, und das will ich keineswegs verleugnen, gibt es in der Bibel auch Bücher, die mir mehr liegen und andere, um die ich lieber einen Bogen mache oder die ich nicht so leicht verstehe.

Es liegt nun schon einige Jahre zurück, als wir im Hauskreis beschlossen, uns einem solchen Buch anzunehmen und es gemeinsam zu lesen. Wir kamen etwa bis Kapitel 4 und gaben es dann auf. Aus eben diesem Buch sind die Verse entnommen, über die es heute zu predigen gilt. Ich lese aus

- Text lesen: Off 3, 7 - 13 -

Sind sie noch da? Hoffentlich! Ich bestreite ja keineswegs daß die Offenbarung zu einem der Bücher der Bibel gehört, die am schwierigsten zu verstehen sind. Und dennoch sollten wir uns davon nicht abschrecken lassen, uns auch mit diesen Büchern zu beschäftigen, damit sozusagen der ganzen Bibel die Treue halten. Auch immer wieder einmal die Geschlechtsregister der Chroniken zu lesen, eben weil sie Gottes Wort sind!

Heute nun soll es um einige Verse aus der Offenbarung, genauer den Sendschreiben gehen, die sicherlich noch zu den eingänglichsten Abschnitten dieses biblischen Buches gehören. Die Sendschreiben sind an die Gemeinde Jesu gerichtet, quer durch die gesamte Kirchengeschichte, das heißt auch an uns in Staufen/Münstertal. Es sind Seelsorgeschreiben, in denen um die Gemeinden gerungen wird, sie ermahnt und getröstet werden. Sie werden aufgerüttelt, sie werden zurechtgewiesen, sie werden vergewissert und gelobt.

In diesem Sendschreiben finden wir, im Gegensatz zu den anderen Gemeinden in den Sendschreiben, (nur) lobende Worte (auch das gehört zur Seelsorge). Dies hat mich herausgefordert dem nachzugehen, was denn des Lobes wert war und ist. Folgendes ist mir dabei begegnet:

  • die Werke jener Gemeinde,
  • deren (kleine) Kraft und
  • deren Treue!
  • 1. "Ich sehe deine Werke!"

    "Deine Werke" - bei diesem Begriff zucken wir als Evangelische und Kinder der Reformation zusammen. Das kann es doch wohl nicht sein, mag vielleicht jetzt der eine oder andere bei sich denken, daß im Neuen Testament eine Gemeinde, Christen für ihre Werke gelobt werden. Das paßt doch überhaupt nicht in unser reformatorisches Erbe von sola scriptura - sola gratia - sola fide: allein die Schrift, allein die Gnade, allein der Glaube. Luther hatte in seiner Übersetzung des neuen Testaments so seine liebe Not mit den Stellen, in denen es um die Werke der Christen geht. Besonders bei Jakobus können wir zum Thema Werke der Christen einiges nachlesen. Das war, um dies nur am Rande zu bemerken, der Grund für Luther diesen Brief, im Gegensatz zu anderen Übersetzungen, ans Ende seiner Übersetzungen zu stellen, kurz vor der Offenbarung.

    In fast allen Sendschreiben wird auf die Werke der jeweiligen Gemeinde Bezug genommen. Und bei der Beurteilung der Gemeinden spielen diese Werke eine wichtige Rolle. So zum Beispiel im Sendschreiben an die Gemeinde in Laodizea. Dort wird beklagt, daß deren Werke weder warm noch kalt sind, es ihnen also Eindeutigkeit und Klarheit fehlte.

    Wenn wir uns mit unseren Werken beschäftigen, welchen Stellenwert sie im Leben eines Christen haben, dann ist die entscheidende Frage diejenige nach unseren Motiven für unsere Werke! Warum tue ich Werke, so ich denn welche tue? Warum tue ich dies und unterlasse jenes? Was beabsichtige ich damit und was erhoffe ich mir? Das theologisch-geistliche Problem mit den Werken beginnt dann, wenn sie dazu dienen sollen, mir einen gnädigen Gott zu erwirken, ich mir mit ihnen eine offene Tür in den Himmel erarbeiten und verdienen will. Daß dies nicht geht und daß dies auch nicht die Botschaft des Evangeliums ist, haben Luther und seine Reformatorkollegen klar gemacht. Wir können uns das Himmelreich nicht erarbeiten, wir können uns keinen gnädigen Gott verdienen! Es gilt uneingeschränkt bis heute: sola scriptura - sola gratia - sola fide!

    Trotzdem gehören Werke zum Leben eines Christen dazu. So schreibt uns Jakobus in seinem Brief ins Stammbuch: "Der Glaube ist tot ohne die Werke!" (Kap 2,14ff). Johannes der Täufer fordert "der Buße rechtschaffene Frucht" (Mt 3,8) und auch Jesus weißt darauf hin, daß die Werke der Jünger gesehen werden sollen (Mt 5,16). Und es ließen sich noch etliche andere Aussagen aus dem Neuen Testament anführen, welche auf die Bedeutung unserer Werke hinweisen (1. Tim 3,8: Heb 10,24 u.a.) Was also hat es auf sich mit den Werken, wenn wir uns mit ihnen das Himmelreich nicht verdienen, erarbeiten können?

    Ich komme nochmals auf die Beweggründe zurück. Es gilt zweierlei zu unterscheiden: Ich tue etwas um mir etwas zu verdienen oder es ist Ausdruck meiner Lebenshaltung. Und hierher gehören "unsere guten Werke". Sie sind Ausdruck eines veränderten, vom Evangelium und vom Geist Gottes geprägten Lebens und Lebensstils. In meinen "Werken" äußern sich meine Lebenshaltung und meine Maßstäbe. Hier werden wir an den Zusammenhang von Rechtfertigung und Heiligung erinnert, die wie die zwei Seiten einer Münze sind. Auch eine Münze hat zwei Seiten und am Beispiel der neuen Euro-Münzen wird dies besonders anschaulich: Die eine Seite zeigt und bestimmt den Wert, die andere von wem, welchem Land sie geprägt wurde. Im übertragenen Sinn bedeutet dies für mich: unser Wert als Christen ergibt sich aus unserer Rechtfertigung, die andere ist Ausdruck dafür, wer mich geprägt hat und weiterhin prägt, das was nach außen dringt, meine Heiligung.

    2. "Du hast eine kleine Kraft!"

    Im Gegensatz zu den anderen Sendschreiben wird die Gemeinde in Philadelphia über die Maßen gelobt. Wenn wir so etwas hören neigen wir oft dazu, uns eine Gemeinde von Superchristen vorzustellen. Eine Gemeinde die all das hat, was wir nicht haben, wovon wir nur träumen und was wir gerne hätten. Dabei gerät uns dann meist das eigene, das was uns auszeichnet aus dem Blick.

    Wie fast immer lohnt es sich auch hier, diese Gemeinde einmal genauer anzuschauen und einen Versuch zu wagen, hinter die Kulissen zu blicken. Die Gemeinde in Philadelphia mußte sich vermutlich in einem Umfeld behaupten, das ihr nicht unbedingt freundlich gesonnen war. Bei den Juden waren sie verhaßt und auch bei den römischen Bürgern dürften sie nicht allzu viel Freunde gehabt haben. Denn an Stelle des Kaisers huldigten sie ihrem auferstandenen Christus.

    Wir können davon ausgehen, daß diese christliche Gemeinde in Philadelphia sowohl weder politischen noch wirtschaftlichen Einfluß hatte um ihren Interessen und Belangen Geltung zu verschaffen. Sie war von außen bedrängt und stand somit in der Gefahr, sich diesem Druck zu beugen oder sich anzupassen und Kompromisse zu schließen. Sie hatte nach menschlichem Ermessen wenig Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Aber trotz ihrer begrenzten Möglichkeiten trotz ihrer kleinen Kraft blieben sie standhaft, ließen sich nicht unterkriegen, konnten sich in bzw. gegen ihr Umfeld behaupten.

    Für mich erfüllt sich hier das Wort des Propheten Sacharja: "Nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist ..." (Sach 4,6). Bei Gott findet oft gerade das Unscheinbare Lob und Anerkennung. ER hat einen Blick für das Detail, für das verborgene, für das, was sich nicht in der Vordergrund drängt. Denken wir nur an das Säuseln des Windes (1.Kö 19,12), das Senfkorn (Mt 13, 31ff) oder die Kinder (Mt 19, 14). Obwohl die Christen in Philadelphia keine "Heldentaten" vorweisen konnten wurde sie gelobt. Denn Gott kommt es nicht auf die Menge auf die Quantität an, für ihn zählt nur die Güte, die Qualität. Und dazu gehört, daß sich Christen an IHN binden, allein auf IHN vertrauen, damit er mit seiner Kraft in den Schwachen mächtig werden kann (2. Kor 12,9).

    Diese Gemeinde in der römischen Provinz Asia, im Westen der heutigen Türkei hatte nur begrenzte Möglichkeiten. Und wenn man in seinen Ressourcen begrenzt ist, tut man gut daran, sich auf das wesentliche zu konzentrieren, sich Prioritäten und Ziele zu setzen. Wirtschaftsbosse heutiger Tage würden ihr richtiges Verhalten bescheinigen: Rückzug auf die Kernkompetenz. Diese Gemeinde lebte nicht über ihre Verhältnisse sondern tat das, was sie mit ihren Mittel tun konnte, was sie ihrem Umfeld entgegen halten konnte tat sie: mit ihrer kleinen Kraft und begrenzten Möglichkeiten hielt sie ihrem Herrn die Treue! Wie sie das tat, wollen wir uns noch betrachten:

    3. "Du hast mein Wort bewahrt!"

    Das wird dieser Gemeinde mit ihren kleinen Kraft bescheinigt. Dazu nützte sie ihre Kraft. Trotz äußerer Bedrängnis hat sie sich nicht davon abbringen lassen, hat sie dieses Wort nicht verleugnet oder aufgegeben. Was könnte mit dieser Treue zum Wort gemeint sein, wie kann diese Treue aussehen und sich gestalten?

    Vielleicht denken wir bei "bewahren" zunächst an ein stures festhalten, kein Jota abrücken von dem, was wir schwarz auf weiß in Händen halten? Die ursprüngliche Wortbedeutung von bewahren meint, am Wort, an Christus dran zu bleiben. So geht es nach meinem dafürhalten beim Bewahren gerade nicht um ein stures festhalten, um Buchstabenklauberei, sondern um einen dynamischen Prozeß. Dieser findet auf zwei Ebenen statt: zum einen in dem wir in Christus bleiben und zum anderen in dem wir in einer Gemeinde sind und bleiben.

    Um beim Ersteren, an Christus dran zu bleiben, muß ich an seinem Wort bleiben, an dem was mir von ihm, seinem Leben, seinem Tun und seinen Reden überliefert ist. Sie ist die einzige autorisierte Quelle die uns von Christus berichtet. In der persönlichen Bibellese, Stille und Gebet halte ich Kontakt und Austausch mit dem auferstandenen Herrn.

    In der Gemeinde sollen wir bleiben, weil sie der Ort ist, an dem wir uns immer wieder mit dem Wort Gottes, der Bibel und den darin übermittelten Maßstäben mit anderen Christen auseinandersetzen und nach Orientierung suchen können und müssen. Was in der persönlichen Stillen Zeit begonnen wurde, muß in der Gemeinde fortgesetzt werden. Nur so sind wir in der Lage, den Meinungen unseres Zeitgeistes entgegenzutreten. Dabei muß es und wird es immer wieder darum gehen, gemeinschaftlich zu prüfen was für uns als Christen letzte Richtschnur ist und wie wir dies in unseren Tagen und unserer Zeit umsetzen. Diese Suche nach Orientierung ist letztlich das was mit "dran bleiben" und "bewahren" gemeint ist und geschieht im Austausch und in Gesprächen, und sicherlich manchmal auch in Streitgesprächen (Bsp. Gal 2,11). Sie sollten das Ziel und davon geprägt sein Wege zu finden, wie Gottes Wort in rechter Weise in unserer Zeit zu verkündigen und weiterzusagen ist.

    Zwei Beispiele möchte ich an dieser Stelle anführen: Bruce Olson mit seiner Übersetzung von Mt 7, 24-27 und das in der Apostelgeschichte überlieferte Apostelkonzil in Apg 15,6 ff.

    Das ist keine einfache Aufgabe und immer wieder eine Gratwanderung darstellt, sollten wir diese nicht alleine im stillen Kämmerlein wagen. Folgende Voraussetzungen sind nach meinem dafür halten zu beachten: Die Aussagen der Bibel sind das, was am Ende bestand haben wird, auch und gerade inhaltlich: "Himmel und Erde werden vergehen, aber ..." (Mt 5,18; 24,35). Damit sind sie letzte Instanz und Richtschnur. Um die Bibel, das Wort Gottes auch dementsprechend einsetzen und gebrauchen zu können, müssen wir sie kennen, nur dann kann sie uns auch als Hilfe dienen, auch vor Irreführungen (24,35). Im Bemühen um das rechte Verständnis sind wir nicht alleine gelassen sondern können darauf vertrauen, daß wir dabei "von höchster Stelle" unterstützt werden: durch den Heiligen Geist (Joh 14,26). Nur dann, wenn wir diesen Geist zum Zuge kommen lassen und uns auf ihn einlassen kann dieses Wort seine Wirkung entfalten (2.Kor 3,6) und wir es bewahren, sonst fallen wir in gesetzliches, starres Denken.

    Schluß

    Die Gemeinde in Philadelphia - sicher keine Gemeinde von Superchristen. Jesus kennt diese, seine Gemeinde, er kennt sie mit ihren Grenzen, mit ihrer kleinen Kraft, aber auch mit ihren Möglichkeiten. Sie wurde nicht gelobt für überdurchschnittliche Leistungen, sondern dafür, daß sie an dem festgehalten und das umgesetzt hat was sie konnte, und worauf es letzten Endes ankommt - der Treue zum Evangelium und zu ihrem auferstandenen Herrn.

    Diese Treue war Ausschlag dafür, daß vor ihr eine Tür aufgetan wurde. Ich wünsche mir, daß dies auch von dieser Gemeinde gesagt werden kann: "Ich kenne deine Werke und ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zuschließen kann!"

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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