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Predigt über Philipper 1,15 - 21

am 26.03.2006
Sonntag Laetare

Ort: Brenz / Bergenweiler


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen. Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Was fällt ihnen spontan ein, wenn sie nach Paulus gefragt werden - überlegen sie einmal kurz. Wenn ich sie jetzt nach dem fragen würde was ihnen auf meine Frage eingefallen ist, kämen möglicherweise Antworten wie: Heidenmissionar, großer Theologe, Briefeschreiber und ähnliche heraus. Aber ist jemandem auch eingefallen, dass Paulus oft im Gefängnis saß? Einmal sogar mehrere Jahre. Wir schreiben das 55 nach Christus und es war wieder einmal so weit, Paulus saß im Gefängnis.

Mit unserem Hauskreis sind wir früher ein oder zweimal im Jahr in die Justizvollzugsanstalt nach Freiburg gegangen und haben dort Gottesdienste für die Gefangenen mitgestaltet. Im Anschluss an den Gottesdienst saß man dann noch im Büro des Gefängnispfarrers mit einem Teil der Gefangenen zusammen und hat sich mit ihnen unterhalten. Durch diese Gespräche bekam man ein wenig, und wirklich nur ein wenig von dem mit, was diese Menschen umtreibt und dass der Alltag "hinter Gittern" wahrlich kein Zuckerschlecken ist, ungeachtet dessen, dass die meisten ja durchaus zu Recht eingesessen sind.

So meine ich ein wenig von dem erahnen zu können, was auch Paulus umgetrieben hat, als er im Gefängnis saß. Und im Jahre 55 nach Christus war ein Gefängnisaufenthalt im Vergleich zu heute noch weit unangenehmer und härter. Und für jemandem der zudem noch krank war, bedeutete es gewiss noch eine weitere Verschärfung. Aber Paulus konnte den Kontakt nach draußen halten und so in Erfahrung bringen, wie es der Gemeinde ging.

Aber was er zu hören bekam, war alles andere als erfreulich. Auch für seine Mitarbeiter und Anhänger in Philippi war das natürlich eine besondere Herausforderung, ihr "Anführer", ihr Vordenker und Vorstreiter saß im Gefängnis, wie sollte es nun weitergehen? Die Gemeinde war Anfeindungen ausgesetzt, wurde verlacht und verspottet, war sie einem Scharlatan aufgesessen? Und neben all den Unanehmlichkeiten die Paulus in seiner Gefangenschaft erdulden musste, wurde ihm auch die Autorität als Apostel abgesprochen. Wie konnte einer, der im Gefängnis saß, glaubwürdig das Evangelium verkündigen? Und schließlich nutzten auch noch einige die Gunst der Stunde um sich zu profilieren und den Platz einzunehmen, den Paulus innehatte. Es kam zu Machtkämpfen in der Gemeinde, wie wir sie vielleicht auch aus eigener Erfahrung kennen.

All das bekommt Paulus im Gefängnis mit. Wenn sie mich fragen - mich würde das gnadenlos aufregen. Ich würde alle mir in dieser Situation zur Verfügung stehenden Mittel nutzen und in Bewegung setzen um dagegen etwas zu unternehmen, versuchen mich zu rechtfertigen und meine Autorität und Glaubwürdigkeit wieder herzustellen.

Nicht so Paulus! Und nicht nur, dass er sich anders verhält, mich überrascht auch, was er in dieser Situation sagt. Zumal er ja durchaus auch jemand war, der sich zu wehren wusste und der auch mal kräftig auf den Tisch hauen konnte.

- Text lesen: Phil 1, 15-21 -

Ist das nicht ein bisschen zu dick aufgetragen, Paulus? Ist das nicht aufgesetzt und entspricht es wirklich deinen Empfindungen? Diese Einwände sind durchaus berechtigt und ich würde sie gegen jeden hegen, der mir ähnliches sagen würde. Bei allen Einwänden die man ins Feld führen könnte haben mich die Aussagen des Paulus doch nachdenklich gemacht. Warum kann Paulus so gelassen reagieren? Und warum ist es möglich, sich in einer solchen Situation sogar noch davon zu reden, dass man sich freut? Paulus, höre ich mich fragen, kannst mir deine Gründe nennen?

Und Paulus nennt mir drei Gründe für seine Freude:

  • ich freue mich, weil Christus verkündigt wird
  • ich freue mich, weil ich in Christus geborgen bin
  • und ich freue mich, weil mir Christus eine Zukunft gibt!
  • 1. Freude, weil Christus verkündigt wird!

    Da können wir uns, wie ich finde, eine ordentliche Scheibe abschneiden! Paulus redet hier gegen eine Kirchturmpolitik die wir so vielfach in unseren Tagen finden. Und das nicht nur zwischen den einzelnen Kirchen sondern auch innerhalb derselben. Diese Aussage macht deutlich, für Paulus ist allein entscheidend, dass Christus verkündigt wird, ganz gleich wo, wie und durch wen. Sei es bei "Pro Christ", dem Kirchentag oder auch dem katholischen Weltjugendtag. Paulus macht deutlich, es gilt über die Lattenzäune und Schutzwälle der Denominationen hinwegzuschauen und das weltweite Reich Gottes in den Blick zu bekommen. Wo Jesus als der lebendige Sohn Gottes verkündet wird, da ist immer auch der Geist Gottes am Wirken (vgl. 1Kor 12,3). Das ist auch ein Wort an die Verzagten unter uns, die meinen das nicht zu können. Auch ihnen gilt: es kommt nicht darauf ob man meint das zu können, sondern dass man es macht und gewiss ist, dass Gott dabei am Wirken ist Es sollte uns klar sein, dass Gott derjenige ist, der die Herzen der Menschen erreicht. Und ER bedient sich unser, ganz gleich für wie fähig und geeignet wir uns halten (Jes 55,11; Lk 12,11f; Joh 14,26) und sind! Letzendlich kommt es weniger darauf an wie wir das Wort weitersagen, als dass wir uns an Jesus binden und wie glaubwürdig und authentisch wir unser Christ sein Leben und verkündigen. Selbst Paulus hat man ja vorgeworfen, er könne nicht richtig predigen. Und trotzdem hat er sich nicht davon abschrecken und zurückhalten lassen.

    Aber Paulus geht sogar noch einen Schritt weiter, und das überrascht mich am meisten: er sagt, es ist ganz egal aus welchem Motiv heraus die Verkündigung erfolgt (V. 18). Ich weiß nicht wie es ihnen geht, mich überrascht diese Aussage schon, den sind bei der Verkündigung des Evangeliums nicht eherne und lautere Ziele vorauszusetzen?

    Selbst wenn Menschen aus unlauteren Motiven heraus das Evangelium verkündigen, die Botschaft aber als solche durchaus "richtig" ist, kann sich Gott über menschliche Niedrigkeiten hinwegsetzen und aus seinem Wort Frucht entstehen lassen. Denn der Glaube kommt aus der Predigt , wörtlich aus der Verkündigung (Rö 10,17), und sind wir mal ehrlich: wer ist wirklich schon absolut lauter in dem was er tut? Auch ich will, dass meine Predigten "ankommen", Menschen erreichen und diese sagen: "Das war mal eine gute Predigt." und damit durchaus meinen, da hat er aber eine gute Predigt gemacht.

    Wo Menschen am wirken sind, da menschelt es eben und so hängt das Evangelium nicht am Boten sondern allein daran, dass Gott trotz allem etwas Gutes draus macht! Und dass ER das tut, über alle menschlichen Unzulänglichkeiten hinweg, davon bin ich ebenso überzeugt wie Paulus es war. Und so freut er sich, dass das Wort verkündigt wird und Menschen erreicht und verändert!

    2. Freude, weil wir in Christus geborgen sind!

    Auch in dieser schwierigen und misslichen Situation weiß sich Paulus in Christus geborgen und durch den Heiligen Geist als Beistand getröstet. Es ist gewiss nicht immer einfach sich dessen bewusst zu sein und wenn die Sorgen übermächtig werden und man kaum noch eine Perspektive fassen kann, ist dies besonders schwer.

    Paulus nennt an dieser Stelle seines Briefes einen wie ich finde, in dieser Frage wichtigen Aspekt: das Gebet der Gemeinde. Es ist manchmal wirklich schwierig sich der Gegenwart Jesus bewusst und gewiss zu sein. Wir können IHN ja nicht sehen, wir können Ihn nicht hören wenn wir mit ihm reden, und dennoch ist ER da. Dass ich mir die Gegenwart Jesu bewusst machen konnte, das war in schwierigen Lagen oft damit verknüpft, dass ich wusste, dass Menschen mit mir und vor allem auch für mich beten.

    Dass uns in unserem Leben in der einen oder anderen Situation der Glaube schwindet oder vielleicht auch manchmal ganz verlustig geht, ist keine Schande. Deshalb sollen wir auch füreinander einstehen. Das betont gerade Paulus immer wieder in seinen Briefen und hebt hervor, wie wichtig ihm der Beistand der Glaubensgeschwister im Gebet ist. Und selbst Jesus hat gegenüber dem Petrus bezeugt, dass ER für ihn gebetet hat, damit sein Glaube nicht aufhört (Lk 12,32).

    Und dieses gegenseitige einstehen füreinander vergegenwärtigt uns die Gemeinschaft mit Jesus. In der Gemeinschaft untereinander wird für uns ein Stück weit erleb- und erfahrbar, dass auch wir eingebunden sind in die Gemeinschaft mit Jesus. Und wenn wir uns das in manchen Situationen und Lebenslagen selbst nicht mehr sagen können und uns der Blick auf die göttlichen Verheißungen verstellt ist, dann hilft es, wenn andere in die Bresche treten und uns zum Beispiel daran erinnern, was Christen verheißen ist, auch und gerade in schwierigen Lebenslagen. Für diejenigen unter uns, die diesen Zuspruch brauchen ein paar Erinnerungshilfen: "Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen." (Joh 17,15) oder "... fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen ... Werden nicht zwei Sperlinge für ein paar Pfennige verkauft? Und nicht einer von ihnen wird auf die Erde fallen ohne euren Vater. Bei euch aber sind selbst die Haare des Hauptes alle gezählt. Fürchtet euch nun nicht! Ihr seid wertvoller als viele Sperlinge." (Mt 10,28-31).

    Paulus war sich sicher, er ist und bleibt in Gottes Hand geborgen, und aus dieser Hand kann ihn nichts und niemand reißen (Joh 10,28f). Diese Gewissheit wurde ihm in seiner Situation Grund zur Freude. Wird sie es auch für uns?

    3. Freude, weil wir ein Ziel haben!

    Und schließlich bezeugt Paulus auch seine Freude daran, dass er und wir auf Ziel zuleben, dass uns niemand nehmen kann. Jesus hält im Himmel für seine Leute "Wohnungen bereit", einen Platz also, an dem wir einst zu Hause sein werden, in seiner Gegenwart und der Gegenwart des himmlischen Vaters (Joh 14,23).

    Was Paulus hier anspricht hat nichts mit einer weltabgewandten Sicht des Lebens zu tun. Vielmehr drückt er aus, dass alles auf Jesus zuläuft, von Jesus abhängig ist und von Jesus getragen wird. Wenn wir uns gewiss sind, dass wir in und mit unserem Leben in Jesus geborgen sind (Mt 10,29ff) und uns täglich darin üben, in dieser Gewissheit auch zu leben, dann braucht uns auch vor dem Sterben und dem Tod nicht mehr bange zu sein.

    Diese Weitsicht über alles irdische hinaus ermöglicht es ihm, sich diesen irdischen Dingen zuzuwenden. Denn es geht nicht darum, diese Dinge zu verneinen oder schlecht zu reden, es geht um die richtige Reihenfolge bzw. Rangordnung. Das Wesen dieser Welt ist ein vergängliches und damit alles, was dazu gehört, das Schöne wie das Schlechte. Gewiss fällt es uns schwerer, uns vom Schönen dieser Welt zu trennen oder es zu lassen als vom Schlechten und Widerwärtigen. Aber was ist das schon gegenüber dem, was verheißen ist, der neue Himmel und die neue Erde. Im Vergleich dazu, ist alles irdische unbedeutend, das Schöne wie Schlechte.

    Dieses Ziel vor Augen, erweckt dem Paulus Freude - und auch uns!?

    Schluss

    Die Situation, in der sich Paulus befand als er seinen Brief an die Gemeinde in Philippi schrieb, gab alles andere als Anlass zur Freude. Hinzu kamen noch die Anfeindungen und Häme seiner Mitmenschen und durchaus auch Mitchristen. Gründe genug, um in Resignation zu verfallen und die Freude zu verlieren und vielleicht sogar alles hinzuschmeißen.

    Und Paulus machte dies gewiss auch zu schaffen. Aber, und darin wird er mir zum Vorbild, er bleibt nicht darin stecken. In dieser schier ausweglosen Situation erinnert er sich an die Dinge, auf die es wirklich ankommt und die ihm nicht genommen werden können und so kann er sich wieder freuen: freuen, weil das Wort Gottes verkündigt wird, freuen, weil er in Christus geborgen ist und freuen, weil er ein herrliches Ziel vor Augen hat.

    Und so ergeht an diesem Morgen die Einladung an uns, diese Dinge in den Blick zu nehmen und uns daran zu freuen.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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