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Predigt über Römer 12, 1-8

am 10.1.2016
1. Sonntag n. Epiphanias

Ort:
Tüllingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Jetzt ist der Zauber vorbei. Die Hirten sind wieder zurückgekehrt zu ihren Herden und auch die Weisen aus dem Morgenland sind längst wieder zurück in ihren Studierstuben, zeichnen die Ereignisse auf oder haben sich neuen Studien zugewandt. Und auch für uns geht es morgen wieder los. Für die Schülerinnen und Schüler enden die Weihnachtsferien und für etliche Berufstätige ist der Weihnachtsurlaub zu Ende. Für alle beginnt morgen der ganz normale Alltag des neuen Jahres, mit allem was dazugehört. Der Zauber ist vorbei.

So ist dieser Sonntag heute eine Art Nahtstelle zwischen der zurückliegenden Weihnachtszeit und unserem Alltag. Was bleibt uns von Weihnachten, was können wir hinüberretten in unseren Alltag und in dieses neue Jahr das vor uns liegt und von dem wir in vielem nicht wissen, was es uns bringen wird? Ich lese:

- Text lesen: Römer 12, 1 – 8 -

„Ich ermahne euch nun Brüder“ - mit diesen ungewohnten und sperrigen Worten beginnt Paulus dieses 12. Kapitel. Sie wirken wenig einladend und schon gar nicht, wenn man weiterliest – wir sollen unsere Leiber als Opfer geben. Das hört sich eher bedrohlich, fordernd an, riecht nach Lebensverneinung und Askese.

Vor diesen Versen hat Paulus in elf Kapiteln den Christen in Rom Gottes Liebe, Erbarmen und Gerechtigkeit kundgetan, diese gerühmt und erklärt. So schreibt er: “Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes“ oder „Alle Dinge müssen denen, die Gott lieben, zum Besten dienen. … So sind wir nun mit ihm (Christus) begraben worden durch die Taufe in den Tod, damit wie Christus aus den Toten auferweckt worden ist, durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in Neuheit des Lebens wandeln.“ (Rö 8, 39 und V. 28). Ergreifende Sätze und nd es gäbe noch einige andere Verse anzufügen.

Paulus weiß sehr wohl, dass dieses Wissen nur die eine Seite der Medaille ist. Die andere aber diejenige, all dies auch in unserem Leben umzusetzen und in unseren Alltag einzubauen und dort zu leben. Dass diejenigen, welche trauern erkennen dass auch der Verlust und die Trauer zum Guten mitwirken. Leichter gesagt als getan oder geglaubt. Aber eben deswegen müssen wir es immer wieder sagen und hören, damit wir es glauben können. Oder wenn ich meine Arbeit oder meine Gesundheit verloren oder das Examen vergeigt habe nicht an der Liebe Gottes zu zweifeln. All das kennt auch Paulus und weiß was es heißt in den schwierigen Phasen des Lebens an Gott festzuhalten. Ich erinnere: Paulus litt wohl an einer chronischen Erkrankung. Paulus wurde verfolgt und saß im Gefängnis und hatte seinen Tod vor Augen.

Wenn ich diese Situation des Paulus bedenke dann merke ich, dass dieses ermahnen eine ganz andere Bedeutung bekommt. Paulus erhebt nicht den Zeigefinger sondern spricht aus eigner Erfahrung, gibt Anteil an seinem eigenen Leben und will so vielmehr trösten. Das griechische Wort para,kleo, das hier steht, kann nämlich auch mit trösten, ermuntern übersetzt werden. So steckt in jeder Ermahnung im biblischen Sinne immer auch Ermutigung und Trost.

Dreierlei scheint mir, möchte Paulus für unseren Alltag mit auf den Weg geben:

  • Unser alltäglicher Gottesdienst
  • Unsere alltägliche Umwandlung
  • Unsere alltäglichen Gaben
  • 1. Unser alltäglicher Gottesdienst

    Wenden wir uns zunächst einmal den beiden ersten Schlüsselbegriffen zu, die uns in diesem Vers begegnen: Leiber und Opfer. Wir sollen unsere Leiber als lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer darstellen, das sei unser vernünftiger, wahrer Gottesdienst.1 Was meint Paulus damit?

    Mit Leib (sw/ma) meint Paulus hier nicht den biologischen Körper sondern vielmehr einen Organismus, der Lebenszusammenhänge darstellt.2 Ihm geht es um die von Gott verliehene menschliche Existenz als Ganze „im Mit- und Füreinander der Geschöpfe Gottes“3. Wenn auch das Fleisch vergeht, so wird doch der Leib auferweckt werden (vgl. 1Kor 15,44ff). Und dieser Leib (Paulus verwendet dasselbe griechische Wort sw/ma) ist ein Tempel des Heiligen Geistes (1Kor 6,19). Und zu was ist ein Tempel da: Um darin Gottesdienst zu feiern.

    Für Paulus ist der Gottesdienst nicht auf ein einziges, für sich allein stehendes Ereignis in der Woche beschränkt. Sich nur einmal in der Woche auf Gott auszurichten, in dem wir uns Zeit nehmen und in einen Gottesdienst gehen, ist ihm zu wenig. Vielmehr wünscht er sich, dass unsere gesamten Lebensvollzüge von Gott her bestimmt und geprägt werden.

    Die Frage ist: Wie soll, wie kann das gehen? Wir stehen und stecken doch Tag für Tag im Getriebe unseres Lebens und manchmal auch gelebt werdens. Wie kann es uns gelingen, da Gott mit hineinzunehmen, Gott zu feiern?

    In der Apologie des Augsburger Bekenntnisses wird zwischen falschem und wahrem Gottesdienst unterschieden. Darin heißt es: Der erste wäre ein Gottesdienst, der Gott die eigenen Werke anbietet, der andere, wahre Gottesdienst wäre ein solcher, „da ich mir schencken und geben lasse“.4 Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber hat den Opferbegriff dahingehend übersetzt, dass er von der „Nahung“ spricht.5 Durch die Taufe schafft Gott dem Menschen, ihnen und mir, einen Weg sich in unserem Leben in Gottes-Nähe zu bewegen.

    2. Unsere alltägliche Umwandlung

    Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes. So gehen unsere Verse weiter. Durch den Heiligen Geist in uns wird unser Denken dahingehend verwandelt, dass wir in der Lage sind, Gottes Willen und Wollen zu erkennen. Manche Übersetzungen legen die Betonung darauf, dass wir uns selber verwandeln, umwandeln sollen. Der griechische Grundtext lässt aber auch eine andere Übersetzung zu, nämlich eine passive im Sinne von: Werdet verwandelt oder lasst euch umwandeln. Wir werden also nicht in unserem Bemühen und Können gefragt, sind nicht auf unser eigenes Leistungsvermögen zurückgeworfen.

    Die Losung des heutigen Tages (Hes 11,19f: „Ich will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Leibe und ihnen ein fleischernes Herz geben, damit sie in meinen Geboten wandeln und meine Ordnungen halten und danach tun.“) zeigt etwas von dem Wirken Gottes und dieser Umwandlung auf und macht deutlich: Hier geht es zunächst nicht darum, dass wir etwas leisten und können. Gott macht uns dazu fähig indem er uns seinen Geist geschenkt hat. Es ist dieser Geist, der in uns dieses neue Denken schafft und wirkt.

    Wie zu Beginn erwähnt hat Paulus in den ersten Kapiteln des Römerbriefes ausführlich von der Liebe, Gerechtigkeit und dem Erbarmen Gottes berichtet. Zentraler Bestandteil dabei ist für ihn die Taufe (Kap 6). Durch sie sind wir in das Leben – Leiden – Sterben aber auch in die Auferstehung Jesu hineingenommen. Wir sind zu neuen Menschgen geworden. Durch das Kind in der Krippe ist uns der Weg frei gemacht um in der Nähe Gottes zu leben. ER will hineinwirken in unser Leben, in unsere Existenz.

    Dieser Geist befähigt uns zu prüfen, er erinnert uns an das Wort Gottes und hilft uns, dieses auch zu verstehen. Auch wenn wir nicht immer auf alle unsere Fragen sofort eine passende Antwort finden, so bewirkt doch schon allein die Auseinandersetzung mit manchen Themen eine veränderte Einstellung. Und so banal es klingen mag, wie oft leiten mich die 10 Gebote oder Passagen aus der Bergpredigt in meinem Denken und damit dann oft auch in meinen Handlungen.

    3. Unsere alltäglichen Gaben

    Vielfach wird nur über die beiden drei Verse dieses 12. Kapitel des Römerbriefes gepredigt. Der Rest wird weggelassen, ist ja auch nicht nötig, denn die weitere Versangabe ist in der Epistelangabe ja nur in Klammer gesetzt. Und das mit diesen Gaben des Heiligen Geistes ist ja eh etwas schwierig und im landekirchlichen Umfeld eh etwas suspekt. Da sollen sich doch die Freikirchen damit beschäftigen.

    Aber was Paulus den Christen in Rom geschrieben hat, gilt allen Christen, auch uns hier in Tüllingen. Und ich denke es lohnt sich abschließend auch einen Blick auf diese Verse zu werfen. Ich lese nochmals die Verse 4 – 8:

    Für diese beiden Lebensvollzüge, unsere Leben als Opfer zu geben und nicht den Maßstäben dieser Welt zu folgen, hat Gott uns mit seinen Gaben ausgerüstet. Diese können und sollen wir einsetzen. Diese sogenannten Gnadengaben und deren Einsatz im Einzelnen oder vor allem in der Gemeinde richten uns aus auf Gott und den anderen. Und das ist es doch genau wozu uns Paulus ermuntert: Ausrichten auf Gott und den anderen. Und damit werden schon die Maßstäbe und Gesetzmäßigkeiten dieser Welt außer Kraft gesetzt.

    Die Gaben, die Paulus in unseren heutigen Versen nennt sind doch alles Gaben, die auf das miteinander zielen, deren Gebrauch dem Nächsten nützen und helfen. Und es geht dabei auch um die Verwirklichung dieser Lebensvollzüge von alltäglichem Gottesdienst und erneuertem Denken bzw. das zu hinterfragen, was uns von und in dieser Welt als Maßstab vorgegaukelt wird.

    Schluss

    Der Zauber ist vorbei! Ein Jahr voller Realitäten und unbekannter Gegebenheiten erwartet uns. Und so wie die Hirten wieder zurückgegangen sind zu ihren Herden, gehen auch wir wieder zurück in den Alltag unseres Lebens. Aber: Die Hirten gingen nicht nur einfach so wieder zurück. „Sie kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles was sie gehört und gesehen hatten.“ (LK 2,20) Sie hielten fest an dem was unverbrüchlich war: Nicht am Zauber sondern an Gegebenheiten, dem gehörten und Gesehenen.

    Dazu will uns auch Paulus uns mit den Versen aus dem Römerbrief ermuntern und ermutigen. Zurückzugehen in unseren Alltag, aber nicht nur einfach so. Sondern in der Gewissheit, dass wir alle Tage dieses neuen Jahres in der Gegenwart des am Weihnachten menschgewordenen Gottes geborgen sind.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 BARNBROCK Christoph Prof. Dr., in: Zuversicht und Stärke. Dezember 2015 - Januar 2016. 2. Reihe - Heft 1. Seite 141
    2 derselbe a.a.O.
    3 STUHLMACHER, Peter: Das Neue Testament Deutsch. NTD Band 6. Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen und Zürich 198914. S. 169
    4 BARNBROCK Christoph Prof. Dr., a.a.O. S.143
    5 derselbe a.a.O.

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