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Predigt über Römer 14, 17-19

am 25.9.2016
18. Sonntag n. Trinitatis

Ort:
Tüllingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Juni 2005, Abschlussfeier an der renommierten Stanford-Universität in Kalifornien, der Festredner betritt das Pult und beginnt seine Rede: „Ich möchte Ihnen drei Geschichten aus meinem Leben erzählen.“ Die erste Geschichte handelt davon, die Punkte meines Lebens zu verbinden und er berichtet, wie er als uneheliches Kind eines jungen syrischen Studenten und einer Amerikanerin geboren und später zur Adoption freigegeben wurde, weil die Eltern der Beiden einer Heirat nicht zugestimmt hätten und sie alleine nicht für den Unterhalt des Kindes aufkommen konnten. Die zweite Geschichte handelt von Liebe und Verlust. Und er lässt seine Zuhörer teilhaben an seinen beruflichen Erfolgen und Niederlagen.

Schließlich kommt er zur dritten Geschichte. „Diese Geschichte handelt vom Tod“ beginnt er den letzten Teil seiner Rede. Nach einer kurzen Einleitung sagt er: „Vor gut einem Jahr wurde bei mir ein unheilbarer Krebs diagnostiziert. Der Tod ist unser aller Schicksal. Und das ist gut so, denn der Tod ist wahrscheinlich eine der besten Erfindungen des Lebens. Er sorgt für die Veränderung des Lebens.“ An die Zuhörer gewandt fuhr er fort: „Ihre Zeit ist begrenzt, vergeuden sie nicht ihre Zeit damit, dass sie das Leben eines anderen leben. Mir klarzumachen, dass ich bald tot sein werde, ist das wichtigste Werkzeug, das ich je hatte, um die größten Entscheidungen in meinem Leben zu treffen. Denn alles, alle äußerlichen Erwartungen, aller Stolz, alle Furcht vor Blamagen, all diese Dinge verschwinden im Angesicht des Todes und lassen nur das übrig, was wirklich zählt.“ (Förster, Anja und Dr. Kreuz, Peter; „Alles, außergewöhnlich“; Ullstein, Berlin, 20098, S. 271 ff; FAZ, Nr. 233, 7.10.2011 S. 33).

Der Redner damals war Steve Jobs, Mitgründer der Computer- und Softwarefirma Apple. 6 Jahre später, am 5. Oktober 2011 starb Steve Jobs im Alter von 56 Jahren. Steve Jobs hat in seiner Rede Anstoß gegeben darüber nachzudenken, was die wirklich wichtigen und entscheidenden Dinge des Leben sind. Mit den Worten von Bonhoeffer ging es Jobs darum zu unterscheiden, welches die vorletzten und was die letzten Dinge unseres Lebens sind. Das „letzte“ Vorletzte in unserem Leben ist der Tod. Danach geht es nur noch um die letzten Dinge des Lebens, und über die sollten wir uns im Klaren sein

Die letzten und vorletzten Dinge waren und sind und sollten immer wieder Thema sein, gerade auch bei uns Christen. Auch unser heutiger Predigttext greift dieses Thema auf

Text lesen: Rö 14, 17 - 19

„Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken“ schreibt Paulus. Was um alles in der Welt hat das Reich Gottes mit Essen und Trinken zu tun? Und wenn, ist das so verwerflich? Wird im Reich Gottes nicht gegessen und getrunken? Was war mit Jesus, hat man ihm nicht vorgeworfen er isst und trinkt mit den Zöllnern und Sündern? Hat er nicht Wasser in Wein verwandelt?

In unserem Leben und Alltag rücken vielfach die vorletzten Dinge in den Vordergrund. Auch bei uns Christen, auch in unseren Gemeinden. Schauen wir in die Geschichte der christlichen Gemeinde und Kirche werden wir eine Vielzahl von Konflikten um vorletzte Dinge ausmachen, die in manchen Fällen auch zum Bruch geführt haben. Das Ergebnis sind die vielen verschiedenen Denominationen und Glaubensrichtungen die es heutzutage gibt. Und in welcher Gemeinde auch unserer Tage gibt es nicht auch immer wieder Konflikte, über oder um was auch immer? Meist geht es dabei um vorletzte Dinge. So auch in der Gemeinde in Rom.

Beispielhaft für solche vorletzten Dinge war es in Rom das Essen und Trinken. Aber was ist das Problem, denken wir? Geht es in unserem Leben nicht um Essen und Trinken, allein schon aus biologischen Gründen? Schauen wir genauer hin: Es gab, wie Paulus sie nennt, die schwachen und die starken im Glauben und sie alle brachten ihren je eigenen Hintergrund mit. Und so ging es unter anderem darum, ob man Fleisch essen durfte oder nicht. Dabei war es aber nicht die grundsätzliche Frage um das Fleisch. Vielmehr fürchteten sich die Glaubensschwachen davor, dass das zum Verzehr angebotene Fleisch zuvor auf einem heidnischen Opferalter einem Götzen zum Opfer dargebracht wurde. Und solches Fleisch zu essen war für sie ein absolutes no-go. Das ging gar nicht, auch aus Angst, sich zu verunreiningen.

Aber letztlich war der Streit ums Essen und Trinken nur vordergründig. In Wirklichkeit ging es ums Recht haben und zu zeigen, wer den größeren Glauben, die größere Freiheit hat. Aber unter Christen soll es nicht ums Recht-haben gehen, sondern darum, dem anderen zu helfen, so dass er im Glauben wachsen kann.

Hin und wieder müssen wir uns neu ausrichten lassen und die Maßstäbe ins rechte Verhältnis zu rücken. Und durch den heutigen Predigttext werden findet eine solche Neuausrichtung statt. Zweierlei ist mir in diesen Versen wichtig geworden:

  • 1. Im Reich Gottes gelten andere Maßstäbe.
  • 2. Diese Maßstäbe wirken hinein in unser Leben und unsere Welt.
  • 1. Im Reich Gottes gelten andere Maßstäbe

    Das Reich Gottes ist nicht in der Hauptsache Essen und Trinken1 sondern Gerechtigkeit - Friede – Freude. Damit stellt Paulus klar, dass im Reich Gottes andere Maßstäbe gelten: Gerechtigkeit - Friede – Freude. Die Reihenfolge dieser Begriffe scheint mir von Paulus nicht zufällig gewählt zu sein. Am Anfang steht die Gerechtigkeit und damit wird in erster Linie unser Verhältnis zu Gott angesprochen. Die Beziehung von uns Menschen, von mir und ihnen zu Gott muss als erstes geklärt werden. Sind wir dazu nicht bereit, können wir das andere vergessen.

    Gott und der Mensch, Gott und wir, Gott und sie und ich, eigentlich geschiedene Leute. Aber Gott hat sich mit dieser Trennung nicht abgefunden. Er ist in den Riss getreten und ER hat die Bedingungen geschaffen, die uns wieder mit Gott versöhnen. In Jesus Christus seinem Sohn. Und wenn von uns Gerechtigkeit - dikaiosune, - gefordert wird, dann ist damit ein sich am Willen Gottes entsprechendes Verhalten gemeint. Im Reich Gottes erwächst Gerechtigkeit aus den Ordnungen Gottes die den Zweck haben, dem Leben zu dienen.2

    Wer je versucht hat, Zerstrittene zu versöhnen, weiß, wie schwer das ist. Da werden Bedingungen gestellt, Vorleistungen, Garantien gefordert. Gott hat die Feindschaft, die wir Menschen aufgebaut, verursacht hatten, auf seine Weise beendet. Er kommt wehrlos zu uns, zuerst als Säugling und dann als Mann am Kreuz. Er lässt es auf jedes Risiko ankommen. Bis zu Karfreitag hält er diese Linie durch, unbeirrbar in seinem Friedenswillen. Er macht uns, die Feinde, zu seinen Freunden, mehr noch zu Gottes Hausgenossen (vgl. Eph 2, 17 - 22). Aus diesem Frieden mit Gott kann auch Frieden zu den Menschen und mit meinem Leben und Lebensgeschichte erwachsen.

    Freude - Was ist Freude (= cara) für sie? Wann freuen sie sich? Für mich hat Freude immer etwas mit Zu-frieden-heit zu tun. Dann, wenn ich mit mir und dem was ich tue im Reinen bin, dann freue ich mich. Oder wenn ich wahrnehme, dass es jemanden anderen wirklich gut geht. Und diese Freude ist etwas anderes als Fröhlichkeit oder das sich freuen über etwas lustiges. Diese Freude ist tiefer, erfüllender.

    Gerechtigkeit – Friede – Freude, das hat den Klang von trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und alles andere wird auch werden. Und damit bin ich bei meinem zweiten Gedanken:

    2. Gottes Maßstäbe wirken hinein in unser Leben und diese Welt

    Gerechtigkeit, Friede, Freude – sind nicht einfach so zu machen, auch wenn wir einiges von uns aus dazu beitragen können. Sie werden und sind vom Geist Gottes in besonderer Weise gewirkt. Gal 5,22: Dort wird die Frucht des Geistes Gottes beschrieben – Friede und Freude. An dieser Frucht des Geistes wird nach innen und außen, in der Gemeinde aber auch außerhalb der Gemeinde erkennbar, dass Gott gegenwärtig ist. Dass ER in der Lage und Willens ist, uns zu verändern so dass wir fähig werden Gottes Maßstäbe in unserem Umgang miteinander umzusetzen. So wird Reich Gottes bereits auf dieser Erde und in unserer Zeit sichtbar und erlebbar.

    Damit es zur Versöhnung kommen kann bedarf es der Liebe, der göttlichen Liebe die uns durch den Heiligen Geist geschenkt ist. Sie kann uns helfen und frei machen, nicht auf das meine zu bestehen, Recht-haben zu wollen, sondern erkennt die Bedürftigkeit des anderen. Nicht aus Zwang trete ich zurück, sondern aus Rücksicht und Liebe. Dass ist ein sehr sensibler und brüchiger Bereich und ein nicht immer einfach zu gehender Weg. Aber wer hat verheißen dass unser Lebensweg ein einfacher sein wird? Auch nicht der als Christen.

    Unsere Aufgabe dabei: Uns immer wieder auf und von diesen Geist Gottes ausrichten zu lassen, uns seinem Wirken zu öffnen und schauen, was er tut. Ich versichere ihnen: Eine solche Erwartung wird nicht ohne Folgen bleiben! Wenn sie für das Wirken des Geistes Gottes bereit sind, in ihren täglichen Begegnungen, in unserem miteinander in der Gemeinde und vor allem dann, wenn wir uns wieder einmal mit den vorletzten Dingen auseinandersetzen (müssen), dann werden wir entdecken, dass sich etwas in unserer Haltung verändern wird.

    In Eph 4,2 beschreibt Paulus, wie das gehen kann: „Ertragt einander in Liebe!“ Ertragen heißt zum einen, den anderen aushalten, erdulden, aber auch ihn tragen. Das bedeutet, ich nehme mich zurück und wende mich ganz dem anderen zu, so dass ich es ihm ermögliche, dass auch er die gemeinsame Wegstrecke gehen kann.

    Gewiss werden Konflikte nicht ausbleiben, dazu sind und bleiben wir trotz allem geistlichen Wachstum und Reife, doch immer Menschen und da menschelt es. Und dieses menscheln bricht sich immer wieder Bahn und sorgt für Irritationen. Dann gelingt es uns nicht unseren Blick und Meinung auf das Wesentliche zu richten. Nein, dann tappen auch wir in die Falle der Rechthaberei und grenzen andere ab und aus. Dramatisch oder ungeistlich ist das zunächst nicht. Entscheidend ist, wie wir damit umgehen und es endet: im Bruch und Zerbruch oder in der Versöhnung?

    Schluss

    Gerechtigkeit, Friede, Freude: Kennzeichen der Herrschaft Gottes Aber diese drei Begriffe zielen auch auf unser miteinander. Und in diesem miteinander, in diesem Umgang wird Reich Gottes in dieser Welt sichtbar und für uns, aber auch für andere erleb- und sichtbar. Das sind die besonderen Ausrufezeichen in einer Welt voller Unfriede, Trübsal und Ungerechtigkeit.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 vgl. auch das Nicht-sorgen Gebot in Mt 6,25 und par
    2 Friedrich, Andreas; in: Zuversicht und Stärke; 2. Reihe, Heft 5; 2016; S. 73

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